Neue Batterien
BTRY dünner als ein Haari, flexibelste Batterie
Das Schweizer Start-up BTRY zeigt, wie technische Fachkräfte bahnbrechende Innovationen schaffen. Das Team entwickelte eine Batterie, die in einer Minute lädt und völlig neue Märkte erschliessen könnte.
Wenn Abdessalem Aribia über Batterien spricht, klingt dies nach Zukunftsmusik – und doch ganz konkret. Sein Start-up BTRY hat soeben eine zweite Finanzierungsrunde abgeschlossen und ist auf dem Weg, seinen neuen Batterietyp zu kommerzialisieren. «Als nächsten Schritt möchten wir mit ersten Kunden den Mehrwert unserer Technologie unter Beweis stellen», erklärt der Chief Technology Officer.
Die Erfindung verspricht aussergewöhnliche Eigenschaften: Die Festkörperbatterie ist in nur einer Minute geladen, sie funktioniert zuverlässig bei Extremtemperaturen von -40˚C bis +150˚C, ist dünner als ein Blatt Papier und hält zehnmal länger als eine traditionelle Lithium-Ionen-Batterie.
Im Team zu neuen Lösungen
«Der Schlüssel zu unserer Innovation liegt in der interdisziplinären Zusammenarbeit», erklärt Aribia. Er hatte ursprünglich Chemie studiert und sich im Rahmen seiner Doktorarbeit vertieft mit der Frage beschäftigt, wie eine Batterie mit weniger Kobalt funktionieren kann. Der Rohstoff wird oft unter kritischen ökologischen und sozialen Bedingungen abgebaut. Er prägt die Struktur der Kathode, also des Pluspols einer Batterie.
Nachdem ein neues Konzept für eine Festkörperbatterie gefunden war, konnte Aribia sein Wissen in eine neue Forschungsgruppe an der Empa in Dübendorf einbringen. Dort traf er auf Moritz Futscher, der als Physiker viel Erfahrung auf Seiten der Anode, des Minuspols der Batterie, mitbrachte.
Dem Team gelang schliesslich ein Meisterstück. Mittels Vakuumbeschichtung – ein Verfahren, das aus der Halbleiterfertigung bekannt ist – konnten die Wissenschaftler neuartige, extrem dünne Batterien fertigen. Nach ersten Leistungstests schienen plötzlich ganz neue Anwendungen denkbar.
Den Sprung ins Unternehmertum gewagt
Das Potenzial ihrer Erfindung ermutigte Aribia und Futscher, den Sprung aus der akademischen Welt in die Unternehmenswelt zu wagen. Im Jahr 2023 gründeten sie BTRY als Spin-off der Empa und der ETH und fanden rasch Unterstützung bei verschiedenen Förderorganisationen.
In der Zwischenzeit ist es ihnen gelungen, die Skalierbarkeit ihrer Technologie unter Beweis zu stellen. Dies schlug sich auch im Ranking der Schweizer Start-ups nieder: Im Jahr 2025 rangiert BTRY auf Rang 7.
«Der Polarstern für unsere Technologie ist der Bereich Consumer Electronics», erklärt Aribia. Das Konzept sei grundsätzlich ideal geeignet, um Alltagselektronik wie Kopfhörer oder verschiedene Wearables zu betreiben. Zuerst gehe es aber um die Industrialisierung ihrer Innovation.
Internet of Things als ideales Anwendungsgebiet
Als «kleine Davids» der Batterie-Industrie haben sie es derzeit nicht auf die Goliaths abgesehen – sprich die grossen Hersteller von Elektroautos. Im Bereich der Elektromobilität macht die Batterie einen grossen Teil des Endpreises aus. Dafür wären sie im Moment noch zu teuer.
Viel eher eigneten sich daher Anwendungen, bei denen bisherige Batterie-Konzepte an Grenzen stossen. Das Internet der Dinge, die Medizintechnik oder auch die Raumfahrt sind Gebiete, in denen herausragende Eigenschaften speziell gefragt sind. Hauchdünne Batterien für Linsen? Energie für Mikrosensoren, die in den Körper implantiert werden? Machbar. Da für solche Umsetzungen die Zertifizierungsfristen jedoch lang sind, braucht es einen langen Atem.
Wo andere versagen, funktioniert BTRY
In der aktuellen Wachstumsphase scheint vor allem die Vernetzung in der Industrie passend zu sein. Wo herkömmliche Batterien bei Temperaturen von über 100 Grad versagen – beispielsweise in Sensoren für Wasser-Dampf-Umgebungen – sind die neuartigen Batterien immer noch funktionsfähig.
«Viele industrielle Prozesse könnten noch effizienter gestaltet werden», ist Aribia überzeugt. «Wir haben bei unseren Batterien von Beginn an darauf Wert gelegt, dass sie über eine sehr gute Umweltbilanz verfügen», erklärt er. «Wie sich nun aber zeigt, könnte ihr grösstes ökologisches Potenzial jedoch in der vielfältigen Anwendung liegen.»
Die Schweiz als fruchtbares Umfeld
Aribia macht sich auf den Weg zu einem Partner, der die Maschinen für die Produktion der Dünnschicht-Batterien zur Verfügung stellt. Massenproduktion im grossen Stil ist noch nicht gefragt, vielmehr das schrittweise Wachstum mit ausgesuchten Kunden.
In der ersten Start-up-Phase fühlte sich Aribia sehr gut betreut. Da biete die Schweiz ein sehr gutes Umfeld. Gespannt sei er auf die nächste Phase. Wenn es um grosse Investitionen für die Ausbauschritte gehe, erlebe er die Schweiz als zurückhaltender. Da erkenne er im Ausland teils eine grössere Dynamik.
Die Schweiz ist attraktiv für junge, innovative Fachkräfte
Gerne würde Aribia in der Schweiz bleiben. Auch wegen der Fachkräfte, die hier dank des vielschichtigen Bildungssystems verfügbar seien. Klar ist: Für Abgänger von technischen Ausbildungen warten in Bereichen wie Energie und Umwelt viele Herausforderungen auf neue Lösungen. Auf Stufe Forschung, aber auch auf Stufe der Praxis.
In der Vergangenheit konnte Aribia bereits ehemalige Studenten einstellen, die er einst betreute. Schreitet das Wachstum von BTRY voran, könnte das Netzwerk, das am Anfang dieser Innovation stand, bald wieder für die Rekrutierung neuer Talente gefragt sein.
Hier geht es zur Entwickler-Homepage BTRY