Die Realität

Buddha soll gesagt haben: „Du selbst bist es, der diese Welterschafft. Jeden Tag.“ Viele spüren in diesen Worten eine tiefe Wahrheit, doch sobald wir unser Leben beobachten und darüber nachdenken, bleibt eine eher unbefriedigende, sich irgendwie unvollständig anfühlende Sicht des eigenen Wirkens übrig. Was ist mit all den Sehnsüchten und Wünschen, die sich nie erfüllen? Mit all den unangenehmen Ereignissen, die wir uns weder jemals gewünscht, noch etwas zu ihrer Entstehung getan haben? Was ist mit Glück und Pech, mit Unfällen oder Zufällen? All diese bedeutsamen, lebensbewegenden Geschehnisse sollen wir geschaffen haben? Dinge, die uns weder gut tun, noch voranbringen? Und falls doch: wie und warum haben „wir selbst“ es geschaffen?

Die lückenlose persönliche Realitäts-Kette:
Unsere individuelle Realität wird auf drei Arten erzeugt:
1) Wahrnehmung (gefiltert durch Gedanken und Gefühle)
2) Handeln (ausgelöst durch Gedanken und Gefühle)
3) Ausstrahlung und Resonanz (geprägt durch Gefühle)

Realität durch Wahrnehmung
Individuelle Realität ist einfach an einem Beispiel zu verstehen: Ist es für mein Leben Realität, wenn in Japan ein Bettler den Hauptgewinn im Lotto bekommt? Nein, es ist allenfalls eine nutzlose Information. Real für mein Leben ist es nicht. Selbst wenn ich die Meldung dazu lese, ist es nicht mehr als eine Geschichte.
Alle Welt kämpft um unsere Aufmerksamkeit. Neben unseren Lieben und Freunden, bei denen wir es meist gerne zulassen, versuchen Werbung, Politiker, Spendenprojekte, Vorgesetzte, und viele mehr, in unsere Wahrnehmung einzudringen, um ein Teil unserer Realität werden. Sie wissen genau: was für uns real ist, auf das reagieren wir - letztlich zum erhofften Vorteil der anderen.
Was wir nicht persönlich wahrnehmen können, bleibt also eine Geschichte und der Glaube an Geschichten ist leicht zu beeinflussen. Was wir aber einmal selbst erlebt haben, wird so leicht von keiner anderen Geschichte mehr erschüttert.
Deshalb sind Erkenntnisse durch Erfahrung für unsere persönliche Klarheit und Stabilität durch nichts zu ersetzen.

Realität durch Handeln
Unser Verstand glaubt meist fest an den alleinigen Erfolg von Handeln. Er ist ein Wissenschaftler, ein Logiker. Er liebt es zu verallgemeinern, braucht die Sicherheit, dass auf ein konkretes Ereignis immer und unter allen Umständen ein anderes berechenbares Ereignis folgt, am besten durch konkrete Handlungen und zuverlässig reproduzierbar. „Wenn ich A tue, bewirke ich B. B verursacht immer entweder C oder D.“ Falls nicht, stimmt etwas nicht und eine neue Theorie muss her, denn unberechenbare Auswirkungen des eigenen Handelns sind vollkommen inakzeptabel.
Natürlich erzeugen wir einen Teil unserer Realität durch unsere Handlungen, doch tatsächlich ist das eigene Tun nur ein Bruchteil unserer kreativen Schöpferkraft. Wäre es wahr, was unser Verstand uns erzählen will, wären wir in allen Fällen, in denen durch das Tun von A nicht letztlich C oder D erfolgt, entweder unzulänglich oder Opfer widriger Umstände.
Eine weit verbreitete Einstellung, doch vielleicht sind wir einfach nur noch etwas unbewusst über bestimmte Zusammenhänge?
In dem Augenblick, in dem wir erkennen, dass es neben unserem Handeln zusätzliche Auslöser für das Eintreten von C oder D gibt, öffnet sich eine Art kreatives Tor für die Schöpfung von Lebensumständen.

Realität durch Ausstrahlung und Resonanz
Immer mehr Menschen beobachten in ihrem Leben ein auffälliges Phänomen: Situationen und Personen - auch solche, denen man eigentlich aus dem Weg gehen wollte - tauchen scheinbar zufällig und außerhalb jeder logisch erklärbaren Wahrscheinlichkeit auf. Gedanken scheinen in immer kürzerer Zeit reale Geschehnisse nahezu „heranzuziehen“. Hoffnungen, Wünsche, Zweifel, Befürchtungen, Ängste… Alles scheint irgendwie immer deutlicher im Zusammenhang mit tatsächlichen Ereignissen zu stehen. Es ist, als würden wir bestimmte Situationen auf eine unerklärliche Weise selbst herbeiführen. Diese Ereignisse, für die unser Gefühl Zusammenhänge so deutlich spürt, dass es die Erklärung von Zufällen nicht gelten lässt, werden „Synchronizitäten“ genannt.
Unser Verstand kann diesen Mechanismus, der durch die, inzwischen auch in der äusseren Welt sichtbaren Veränderungen deutlich beschleunigt wird, einfacher verstehen, wenn wir um den Zusammenhang von Gedanken, Gefühlen, Energie, Ausstrahlung und Resonanz wissen.

$Magnet für das Leben
Jeder von uns verfügt über ein weiträumiges Energiefeld, welches andere Menschen intuitiv als „persönliche Ausstrahlung“ wahrnehmen. Vereinfacht ausgedrückt, wird dieses Energiefeld von Gefühlszuständen bestimmt. Die stärkste aller prägenden Energien ist Liebe, die zweitstärkste ist Angst. Alle unsere Handlungen und Gedanken haben im tiefsten Ursprung entweder die Vermeidung von Angst und/oder die Suche nach Liebe zur Ursache.
Alle Gefühle - ausser Liebe, die ein innerer Zustand und die Essenz unseres Wesens ist - werden letztlich durch unsere Gedanken erzeugt. Gedanken wiederum entstehen entweder durch Beobachtung und Zusammenfügen von Sinneswahrnehmungen, oder durch unsere Fantasie. Für die Entstehung von Gefühlen ist es unerheblich, ob eine Situation real oder nur vorgestellt ist. Deshalb kann auch die persönliche Ausstrahlung alleine durch die Veränderung von inneren Grundhaltungen und Überzeugungen verändert werden. Im täglichen Leben spricht man beispielsweise davon, dass „mit der richtigen Einstellung“ Dinge besser gelingen. Wir beobachten, spüren, denken darüber nach, erinnern, vergleichen, fühlen und machen daraus eine Geschichte über das, was gerade ist. Weil jeder Mensch seine eigenen Geschichten erzeugt, sieht jeder die Welt anders.
Menschen mit ähnlichen Geschichten und Sichtweisen geben uns das gute Gefühl verstanden zu sein. Wir mögen ihre „Ausstrahlung“, weil ihr Energiefeld unserem ähnlich ist.
Sich in ihrer Nähe aufzuhalten fühlt sich harmonisch und damit angenehm an, was bis hin zu einer gegenseitigen „magnetischen“ Anziehung führen kann. Sobald eine Sichtweise - und damit auch die Gefühlswelt einer Person - deutlich anders ist als unsere, fühlen wir uns in deren Energiefeld unwohl. Um Harmonie zu schaffen versuchen wir oft, über Diskussionen einen Konsens, eine ähnliche Sichtweise und Gefühlswelt zu finden. Wenn dies nicht gelingt, fühlen wir uns abgestossen. Die Ausstrahlung der Person stört unser eigenes Energiefeld so stark, dass neben unschönen Gedanken auch körperliches Unwohlsein auftreten kann. Schwingung und Resonanz stimmen nicht überein. Mit dem Wissen, dass Gefühle und die Geschichten dahinter das eigene Feld prägen, kann man besser verstehen, warum es von Bedeutung ist, mit welchen Informationen man sich füttert. Was oft als „neutrale Berichterstattung“ oder Information bezeichnet wird, sind letztlich Geschichten, die - in unserem Verstand angelangt und mit eigenen Erfahrungen in Verbindung gebracht - individuelle Gefühle auslösen. Diese Gefühle wiederum prägen unser Energiefeld und wirken damit auf Menschen und Situationen in unserer Umgebung. Je mehr wir nutzlose Informationen von - für unser Leben - bedeutsamen Informationen unterscheiden und unsere Aufmerksamkeit ausrichten, umso mehr wird unser Energiefeld durch Gefühle geprägt, die Teil unseres Wesenskerns sind. Und umso mehr werden Menschen und Situationen in unser Leben gezogen,die zu uns passen.

Die Welt geht in Resonanz zu unseren Gefühlen: Angst, Wut, Freude, Liebe.
Durch die Wirkung unseres Resonanzfeldes erklärt sich auch, warum der Zustand von Liebe und positiven Gefühle gegenüber dem eigenen Leben und anderen Menschen so viel verändern kann. Und warum keine Meinung zu vertreten, nichts zu tun, nichts zu wollen oder zu denken, sondern nur die Situation wahr zu nehmen und vielleicht sogar zu lieben manchmal die bessere Lösung sein kann, als jede Art von Handeln oder Urteilen.

Auf der Bühne unseres Lebens
Wenn wir jetzt wissen, auf welche Weise wir unsere Realität erzeugen, können wir beginnen, bewusst zu beobachten, wo wir uns gerade befinden, was um uns herum geschieht, warum es geschieht und was es mit uns zu tun hat. Dieses Verstehen ermöglicht uns inneres und äusseres Wachstum. Immer weniger fühlen wir uns als Opfer der Umstände, immer mehr als Schüler und zugleich Gestalter unseres eigenen Lebensweges.
Wir kämpfen weniger, können mehr annehmen, lernen und wachsen. Kommen dem Sinn unseres Lebens näher.
Angenommen, der Ablauf unserer Realität wäre eine Kombination aus festen und frei veränderlichen Gegebenheiten. Der feste Teil ist die Bühne unseres Lebens, also dieser Zeitabschnitt, ob wir Frau oder Mann sind, mitgebrachte Talente und Eigenschaften, das Umfeld, in das wir geboren werden. Der veränderliche Teil ist die Geschichte, die wir innerhalb dieser Gegebenheiten spielen, was wir aus ihnen machen und das persönliche Wachstum, das uns vom Opfer zum bewussten Beobachter und schliesslich zum Gestalter werden lässt.
Im Laufe unseres Lebens können wir verschiedene Stücke (Lebensabschnitte) spielen, mit diversen Akteuren, die spezielle Aufgaben übernehmen. Einige, wie zum Beispiel Familienmitglieder, sind feste Bestandteile des Ensembles und bestimmen eine Art Rahmenhandlung, geben zum Beispiel wichtige zu lösende Aufgaben vor. Andere sind Statisten oder Boten, die uns etwas zeigen, oder unser Leben durch ihre Anwesenheit bereichern. Wieder andere haben grosse zeitweise Bedeutung, durch sie machen wir wesentliche Lebenserfahrungen. Viele dieser Mitspieler stehen hinter der Bühne bereit, betreten oder verlassen sie aber erst, auf bestimmte „Stichworte“ von uns hin. Wüssten wir diese Auslöser, wären wir bei der bewussten Gestaltung unseres Lebens einen bedeutenden Schritt weiter. Im praktischen Leben sind solche Auslöser Gefühlszustände, in denen wir uns befinden. In welchem Zustand wir sind, zieht - bezüglich des variablen Teils unserer Realität - an und stösst ab, was zu uns passt oder nicht.
Geht es uns beispielsweise gerade nicht gut und betrachten wir uns dabei als Opfer anderer Menschen oder Umstände, erzeugen wir ein Feld, das folgende Menschentypen anziehen wird: Täter (weil sie Opfer suchen), Opfer (weil sie sich bei einem anderen Opfer verstanden fühlen), Retter und Tröster (weil sie sich gut fühlen, wenn sie anderen helfen oder mitjammern, es gibt ihnen das gute Gefühl, „weiter“ zu sein). Alle verfolgen eigene Interessen, und auf eine unbewusste Weise lieben sie es, wenn wir in dem Zustand als Opfer bleiben. In unsere Kraft können sie uns nur bringen, wenn wir erkennen, was gerade geschieht und die Entscheidung treffen, es nicht zuzulassen. So gesehen können auch diese Menschen eine große Hilfe sein. Konstruktiv helfen könnte jemand, der keines von alldem ist. Beispielsweise ein Freund, der selbst gefühlt hat, was wir gerade durchlaufen und einen Weg heraus gefunden hat. Jemand, der bewusst ist, was gerade geschieht, und uns Bewusstheit geben kann.

Erfahrungen und Erkenntnisse auf dem Weg
Auf der Suche nach Möglichkeiten, das eigene Energiefeld und damit die eigene Realität bewusst zu erschaffen gibt es verschiedene Wege, die für manche Menschen wie Erfahrungsstufen sind.

1. Einfluss über Gefühle und Gedanken erlangen (Kontrolle)
Oft beginnt die Suche nach Lebenserfolg, Erfüllung, guten Gefühlen und Liebe, mit der Idee, die eigenen Gedanken und oft auch die der Menschen, die mit einem zu tun haben, kontrollieren zu müssen. Weil man weiß, wie wichtig die eigene Ausstrahlung ist, versucht man „positiv“ zu fühlen und zu denken, letztlich ein „guter“ Mensch zu sein.
Das Grundgefühl dahinter ist Angst. Die Angst, in einem selbst könnten „schlechte“ Gedanken und Gefühle sein, man selbst könnte auf eine Art schlecht sein. Die Angst, dass die eigenen negativen Gefühle und Gedanken letztlich durch das Leben bestraft werden. Also denkt der Verstand: Was tun? Am besten das Gegenteil!
Die neue Geschichte des Egos lautet: Es gibt so viel Schlechtes auf der Welt, ich muss ein Gegenpol sein. Ich muss gut sein, ein Licht anzünden. Wenn ich Gutes tue, kommt Gutes zurück. Gut sein bedeutet zum Beispiel, ich muss helfen die Welt und andere zu heilen. Jeder Gedanke wirkt nach aussen, deshalb darf ich auf keinen Fall schlecht denken oder fühlen. Ich muss immer liebevoll sein. Das Problem dabei ist das ständige Gefühl, nicht „weit genug“ zu sein, weil uns ja letztlich doch immer wieder die Kontrolle über Situationen und Gefühle entgleitet. Es scheint teilweise zu gelingen, wenn das Leben ohne grössere Ereignisse verläuft. Doch beim ersten emotional bewegenden Drama, wie zum Beispiel einer Liebesbeziehung mit Hindernissen, scheinen all die Jahre intensiver Bewusstseinsarbeit nichts gebracht zu haben. Als negantiv empfundene Gedanken und Gefühle kommen ungebremst nach oben, keine Methode hilft und alles gerät ausser Kontrolle. Als Folge kommen Schuldgefühle auf und der beklemmende Eindruck es immer noch nicht geschafft zu haben. Die ganze Mühe war vergeblich.

2. Kontrolle über Gefühle und Gedanken aufgeben (Sein lassen)
Viele Menschen, die erfahren haben, dass Kontrolle auf Dauer sehr anstrengend oder freudlos ist, geben diesen Weg auf und versuchen sich selbst und das Leben möglichst anzunehmen.
Doch das fühlt sich auch nicht perfekt an, denn erstens ist es ebenfalls schwierig und zweitens klebt oft ein Gefühl von Machtlosigkeit und Opfer-Sein daran. Zudem ist die Idee, letztlich bei der Gestaltung einer Wunschrealität „aufgegeben“ zu haben, unschön. Die Grundgefühle, welche das Energiefeld jetzt prägen sind Liebe und Angst im Wechsel. Deshalb verläuft das Leben dann oft auch stark im Wechselspiel von Auf und Ab. Noch immer herrscht Krieg. Kämpften wir zuerst darum, alles zu kontrollieren, ringen wir nun mit uns selbst und der Idee, nichts mehr kontrollieren zu dürfen und annehmen zu müssen, was ist. Genau das hält uns weiter in dem Zustand gefangen, dem wir entfliehen wollten. Nur der Schauplatz hat sich verlagert.

3. Beobachtung, Annahme und gleichzeitig klare Ausrichtung auf das, was sein soll (Hingabe)
Anzunehmen und zu schätzen was kommt, ohne dagegen zu kämpfen und gleichzeitig klar, ausgerichtet und kraftvoll seinen Weg zu gehen, bedeutet Hingabe. Der Egoverstand hasst Hingabe, weil er damit die Macht über die Ergebnisse abgibt, durch welche er überhaupt existiert. Um uns vom Weg zur Hingabe abzuhalten, erzählt er, es wäre dasselbe wie Aufgabe.
Dies ist ein Grund, warum stark verstandesorientierte Menschen mit Ideen wie Hingabe nichts anfangen können, sie lächerlich machen oder in religiös verklärte Ecken stellen. Der sich grundsätzlich mit der Welt im Kampf befindliche Egoverstand wehrt sich gegen die Idee, keine Feinde mehr zu haben, keine Energie mehr in die die Ablehnung von Lebenssituationen zu stecken.
Die Grundgefühle hinter wahrer Hingabe sind Vertrauen, Liebe und Angstlosigkeit. Deshalb fällt es Menschen die an lebensbegleitende höhere Kräfte glauben leichter, im „Flow“ - im Fluss der Aneinanderreihung günstiger Ereignisse im Leben - zu fliessen. Untersuchungen über verschiedene soziale und berufliche Schichten hinweg haben ergeben, dass alle im Flow lebenden Menschen an eine höhere Kraft glauben, die ihr Leben wohl gesonnen unterstützt. Woran geglaubt wird ist nicht wichtig, entscheidend für das Energiefeld ist, dass es auch in schwierigeren Situationen weiterhin mit positiv wirkenden Gefühlen geprägt wird. Hingabe kann man nicht erlernen oder trainieren. Hingabe geschieht. Sie erreichen zu wollen bewirkt, dass sie verhindert wird. Was wir tun können ist, die Dinge anzusehen, die uns kämpfen lassen. Uns selbst und das Leben zu beobachten, uns selbst verstehen lernen. Das genügt. Wenn wir wirklich verstehen, warum wir als Menschen sind, wie wir sind, entsteht Annahme, Mitgefühl, Respekt und Liebe für uns selbst. Und erst dann können wir auch andere wirklich verstehen und lieben. Diese Liebe zum Leben unterstützt uns mit einer ganz neuen Kraft. Ja, wir werden weiterhin engagiert, mit all unserer Energie, unseren Fähigkeiten und Ideen unseren Zielen folgen. Aber wir werden es tun, ohne gegen uns selbst und andere zu kämpfen.