Jugendkriminalität heute

In den neunziger Jahren ist die Zahl der Gewaltdelikte gestiegen. Gewaltdelikte
haben auch unter Jugendlichen zugenommen. Die Bereitschaft zur Gewalt nimmt
zu. Besonders gefährdet sind die Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren Gewaltdelikte
nehmen nicht nur unter den ausländischen Jugendlichen zu. Gewaltfördernde
Faktoren in unserer Umwelt:
Fehlende Berufsperspektiven, rasche gesellschaftliche Veränderungen. Eltern und
Erziehungsverantwortliche fühlen sich angesichts vieler Probleme überfordert.
Es gibt keine einfachen Rezepte. Nur gemeinsam sind die Probleme zu lösen.

Konfliktfähig
Laut Kriminalstatistiken steigt die Jugendkriminalität seit Anfang der neunziger Jahre an. Während die Zahl der Eigentumsdelikte konstant geblieben ist, haben Gewaltstraftaten stark zugenommen. Fachleute aus dem Jugendbereich warnen jedoch vor einem übermässigen Dramatisieren. Nur eine differenzierte Wahrnehmung des Problems hilft weiter; Vorurteile lähmen bloss.

Gewaltdelikte
Darunter Erpressung, Nötigung, Freiheitsberaubung, Raub, vorsätzliche Körperverletzung, haben in den letzten Jahren in allen Altersgruppen um rund 20 Prozent zugenommen. Da die Jugendkriminalität in der Schweiz noch zu wenig erforscht ist, darf man diese Zahlen jedoch nicht vorbehaltlos auf den Jugendbereich übertragen. Einen konkreteren Einblick in die Verhältnisse jugendlicher Straftäter vermittelt die Statistik der Jugendstrafurteile.

Diese bezieht sich auf drei Altersgruppen:
– Kinder (7–15),
– Jugendliche (15–18),
– junge Erwachsene (18–25).

Etwa ein Viertel
aller gefassten Straftäter sind Kinder und Jugendliche. Leider ist aus den Statistiken nicht eindeutig ersichtlich, in welche Art von
Straftaten diese Minderjährigen im einzelnen verwickelt sind. Einige kantonale Statistiken belegen eine starke Zunahme der Gewaltkriminalität bei Minderjährigen. So zählt man etwa im Kanton Zürich heute bei diesen Delikten viermal mehr jugendliche Tatverdächtige als 1991. Obwohl diese Zahlen nicht unbedingt für andere Regionen der Schweiz gelten müssen, weist doch vieles darauf hin, dass die Bereitschaft zur Gewalt zunimmt.

Im Alter von 15 bis 18
Jahren scheinen Jugendliche besonders gefährdet zu sein. Das hängt damit zusammen, dass in diesem Lebensabschnitt grösste Umwälzungen im persönlichen Bereich und im Beziehungsnetz stattfinden. Die Jugendlichen entdecken ihren «Erwachsenen-Freiraum» und erproben die Grenzen. Der Einfluss von Eltern und Schule nimmt deutlich ab; Medien und Gruppen
Gleichaltriger gewinnen an Bedeutung. Von besonderer Brisanz ist das Thema der Kriminalität minderjähriger Ausländer. Subjektive Gefühle und Wahrnehmungen spielen hier eine grosse Rolle. Pauschale Schuldzuweisungen an Ausländer helfen nicht weiter.

Viel wichtiger
ist zu sehen, dass ausländische Jugendliche mit speziellen Problemen konfrontiert sind. Sie spüren die kulturellen Unterschiede und erleben deshalb einen oft schwierigen Integrationsprozess. Im Herkunftsland sind sie nicht mehr zu Hause, in unserer Umgebung fühlen sie sich abgelehnt. Bei Konflikten, an denen sich ausländische Jugendliche beteiligen, sind diese Probleme zu berücksichtigen.
Wo hingegen Gruppen von ausländischen Jugendlichen ihre Interessen mit Gewalt durchsetzen wollen, stossen sie an die Regeln und Grenzen der Gesellschaft. Gewalt darf nicht geduldet werden und bringt keine Lösung.

Die soziale Situation
und die konkreten Berufsaussichten für gewisse Gruppen unter den Jugendlichen haben sich in den letzten Jahren wesentlich verschlechtert. Der Prozess zunehmender Individualisierung löst die sozialen Netzwerke auf. Der Leistungsdruck fordert die Kinder und Jugendlichen zusätzlich. Frustration und Unzufriedenheit nehmen zu und entladen sich in Zerstörungswut, Vandalismus und
in Gewaltakten. Die gesellschaftlichen Veränderungen und die daraus resultierenden Reaktionen steigern die Anforderungen an
Eltern und Schule. Es gibt keine einfachen Rezepte und Massnahmen. Viel wichtiger sind Unterstützung und Orientierungshilfe. Bloss gemeinsames Handeln hilft weiter.

Liebe Erwachsene
Streit lässt sich nicht immer vermeiden. Vertraut uns und zeigt uns Wege, wie man Streit auch ohne Gewalt austragen kann. Vor allem: Lebt uns vor, wie man das praktisch tut! Wir möchten an eurem Beispiel sehen, dass nicht immer nur Stärkere Rechte haben. Wir wollen Erwachsene, zu denen wir Vertrauen haben können. Wenn wir uns allein gelassen fühlen und unsicher sind, lassen wir uns leichter von den falschen Leuten und Idealen beeinflussen. Und wenn man erst einmal im Sumpf steckt, ist es ohne fremde Hilfe fast unmöglich herauszukommen. Verbote bringen dann überhaupt nichts. Unter uns hat es mindestens ebenso viele Opfer wie Täter. Oft
sind wir sogar beides. Was wir dann brauchen, ist jemand, der uns stärkt und an uns glaubt. Jemand, der versucht, uns zu verstehen und sich auch die Zeit dazu nimmt. Aber eigentlich sollte das ja immer so sein und nicht erst, wenn ein Scherbenhaufen entstanden ist.